von Karl Mertes
An Indiens Westküste ist Weltgeschichte zu lokalisieren. Pfefferküste wurde sie einst genannt. Lange bevor die Europäer sich der Gewürze und der zu missionierenden Heiden wegen ins Geschäft einmischten, florierte der von arabischen und jüdischen Kaufleuten betriebene Ost-West-Handel bis ins ferne Rom. An diesen Gestaden landete 1498 der Portugiese Vasco da Gama, nachdem er mit seinen Schiffen den lang gesuchten Seeweg nach Indien entdeckt hatte und dort ankam, wo eigentlich Kolumbus hatte ankern wollen. Erst 1961 ging mit dem Einmarsch indischer Truppen in Goa die Vorherrschaft der Europäer endgültig in die Brüche.
Den Schauplätzen dieser konfliktreichen Ost-West-Beziehung spürt Rüdiger Siebert nach und erkundet das gegenwärtige Indien in seinem epochalen Prozess der Modernisierung. Entlang der Küste vom Bundesstaat Kerala im Süden bis zum Bundesstaat Gujarat im Norden erschließt sich das Land mit mehr als einer Milliarde Menschen in seiner einzigartigen Faszination, kulturellen Vielfalt und wirtschaftlichen Dynamik. Trivandrum, die Backwaters, Cochin, Bangalore, Hampi, Goa, Bombay, Khambhat, Diu bestimmen die Reiseroute.
Es ist Rüdiger Sieberts dritte Annäherung an den Subkontinent: Sein erstes Indien-Buch „Unterwegs mit Buddha“ ist den geistigen Fundamenten Indiens gewidmet. „Indien südwärts“ beschreibt das Werden des Subkontinents und seine Ausstrahlung nach Südostasien. „Indien nordwärts“ führt nun aus der fremdbestimmten Geschichte in die Gegenwart Indiens, das mehr und mehr eine bedeutende Rolle in der Weltpolitik und Weltwirtschaft spielen wird. Rüdiger Sieberts Reisereportagen spiegeln diesen Aufbruch in die Moderne wieder und bieten kenntnisreich, unterhaltsam und aus sehr persönlichem Blickwinkel auch eine Fülle an Informationen zum Selber-Reisen.
Pressestimmen: „Siebert tritt auf als ein Erzähler von altem Schrot und Korn. Sein Buch kann als Lektüre in den Rucksack gepackt werden, ergänzend zum klassischen Reiseführer mit den praktischen Ratschlägen“, so Die Zeit, Hamburg, zu „Indien südwärts“. Der Überblick, Hamburg: „Heutzutage muss sich ja alles Wichtige in einer 20-minütigen Fernseh-Dokumentation zusammenfassen lassen. Auch deshalb verdient es Anerkennung, dass sich Siebert die Zeit nimmt für seine feinen, tiefgreifenden Beobachtungen. Der eigentliche Wert des Buches liegt darin, dass es dem Autor trotz des geringen Abstandes gelingt, den Respekt und die Achtung vor den Menschen, die er beschreibt, einzuhalten. Das macht neugierig, den faszinierenden Subkontinent noch besser kennen zu lernen.“ In eins-Entwicklungspolitik, Frankfurt am Main: „Rüdiger Sieberts Biographie ist mit Europa (Deutschland, Frankreich), aber auch mit Süd- und Südostasien (Indonesien, Kambodscha, Laos) verbunden. Er hat das Glück, in zwei und mehr Welten aufzuwachsen, beruflich, kulturell und politisch. Indien hat er seit 35 Jahren bereist. Diese Reportagen vermitteln den Eindruck, eine Art persönliche Aufarbeitung seiner jetzigen Lebensphase zu leisten, eine Suche nach biographischen Ruheplätzen. Die ersehnte Stille kehrt ein und es entstehen Rüdiger Sieberts ‚weise Reisereportagen’…“
Rüdiger Siebert, Jahrgang 1944, ist Autor zahlreicher Bücher zu Süd- und Südostasien und war langjähriger Leiter des Indonesischen Programms von Radio Deutsche Welle. Von ihm sind im Horlemann-Verlag erschienen: „Indonesien. Inselreich in Turbulenzen“, „Deutsche Spuren in Indonesien. Zehn Lebensläufe in bewegten Zeiten“, „Unterwegs mit Buddha. Eine Spurensuche in Indien und Nepal“, „Indien südwärts. Von Kalkutta zum Kap Komorin“; zusammen mit Heinz Kotte: „Der Traum von Angkor. Kambodscha, Vietnam, Laos“, „Laos. Aufbruch am Mekong“, „Vietnam hautnah. Ein Land im Umbruch“.
Rüdiger Siebert: Indien nordwärts. Von Kerala bis Gujarat. Reisereportagen. 256 Seiten, Broschur, zahlr. s/w-Fotos, Karten. € (D) 14,90 / sFr. 25,90; Horlemann-Verlag, Unkel/Rhein. Erscheint im März 2007. ISBN 978-3-89502-233-3.